Ich lebe die Vergangenheit
Je mehr ich mich mit mir beschäftige, desto mehr wird mir bewusst, dass ich immer wieder in der Vergangenheit lebe. Alte Geschichten holen mich ein, obwohl ich das gar nicht möchte. Das macht mich traurig, ohnmächtig und wütend. Ich bin zutiefst verletzt und diese Wunden reissen mich in die Vergangenheit. Teile von mir bleiben in diesen Bildern hängen. Den Weg heraus schaffe ich nicht. Dadurch entsteht das Gefühl keine Zukunft zu haben und schon gar nicht diese in irgendeiner Form gestalten zu können. Ich stecke fest. Irgendetwas katapultiert mich in eine frühe Geschichte.
Statt dessen gäbe es so viel Neues zu entdecken, dass ich keine Zeit mehr verschwenden möchte, der Vergangenheit nachzutrauern. Klingt da etwas an?
Lebendigkeit versus Dissoziation
Wenn wir, vor allem als Kind unerträgliches erfahren, können wir das nicht (aus)halten. Ein Kind, das vernachlässigt, bedroht, geschlagen und missbraucht wird, also körperliche und psychische Übergriffe erlebt, kann solche Erfahrungen nur überleben, indem es sich „weg“ macht. Es ist nicht mehr richtig da, geht mit dem Bewusstsein automatisiert aus dem Körper. Anders ist das Unerträgliche nicht auszuhalten. Heute weiss man, dass es Dissoziation bereits pränatal und bei Babys geben kann, im speziellen wenn sie Alleine gelassen werden, ein Körperkontakt fehlt, bei Schmerzen, medizinischen Eingriffen könnten sie, ohne aus dem Körper zu gehen, nicht überleben.
Somit bleibt ein Teil dieser Menschen in der Vergangenheit stecken. Im Alltag werden sie immer wieder davon eingeholt. Eine Seite lebt dann in der Zweijährigen, in der Fünfjährigen usw. Verhalten, Stimmlage, Wortschatz, Sprachlosigkeit, unerklärlich heftige Gefühle von Trauer, Angst und Wut können damit einhergehen. Beim Gegenüber löst es Irritation und Erstaunen aus, bei einem Selbst eine tiefe Scham.
Begleitung im Zeitlupentempo
Achtsamkeit und spezifische Aufmerksamkeitssteuerung helfen, Teile der Ich-Identität zu einem funktionalen Selbsterleben zu integrieren. Durch die Gleichzeitigkeit feiner Selbstbeobachtung und mutiger Begegnung, Konzentrationsvermögen und körperlicher Prozesslösung weicht die Starrheit von Anteilszuständen auf. Lebendigkeit kommt zurück. Dazu ermutige ich dich. Mach den ersten Schritt Richtung Ganzwerdung.